Philatelisten-Verein Greifswald e.V.





Neues aus der Geschichte der Greifswalder Briefmarken-Vereine

(1908-1945)




Im Jahr 1908 nahm der "Greifswalder Briefmarkensammler-Verein" später "Briefmarken-Tauschverein" seine Tätigkeit auf. Ob es wirklich der erste Verein in unserer Stadt war, wissen wir allerdings nicht genau. Das hiesige Vereinsregister gibt darüber leider keine Auskunft. Die Entwicklung der organisierten Philatelie lässt sich dann bis etwa 1922 weiter verfolgen. Es wurde dazu bereits in den Vereins-Nachrichten und Katalogen berichtet.

Danach gab es eine große Lücke bis 1945. Ab Mitte der 1930er Jahre begannen die "Gleichschaltungsbemühungen" des NS-Regimes - solange bis die Philatelie-Verbände mit ihren Mitgliedern und Vereinen in der staatsnahen Organisation der Bewegung "Kraft durch Freude" aufgingen und ihre Identität verloren.

Die genannte Lücke in der Entwicklung von 1922-1945 kann jetzt mit der Hilfe unseres ältesten Vereins-Mitgliedes Siegfried Nehls (Jahrgang 1925) weitestgehend aufgeklärt werden. Sein Vater Paul Nehls war seit 1920 in Greifswald philatelistisch aktiv. Er begeisterte seinen Sohn Siegfried bereits in den Kinderjahren für das schöne Hobby. Dieser besuchte ab seinem 10. Lebensjahr an der Seite des Vaters die Veranstaltungen des Briefmarken-Tauschvereins im Vereinslokal "Zur Traube" und tauschte mit anderen Jugendlichen Briefmarken.



"Das Vereinsleben basierte überwiegend auf beruflichen und familiären Bindungen und Beziehungen", so beschreibt es Sammlerfreund Nehls in seinen Aufzeichnungen. Etwa 10 Personen kann er noch heute mit Namen, Anschrift und Beruf benennen. Die Tauschveranstaltungen sowie Ausstellungen fanden im Hotel "Zur Traube" in der Bismarckstr. 3 (heute: Johann-Sebastian-Bachstraße) statt. Weitere Briefmarken-Ausstellungen gab es in der Hansahalle und im Gymnasium. Die letzte Ausstellung wurde zum "Tag der Briefmarke" 1941 durchgeführt.


Erklärung zur Darstellung bitte anklicken
Eine zentrale Figur im Verein war der Oberpräparator der Universität (Anatomie und Zoologie) Max August Schilling. Er war wohl von 1921/1922 bis 1945 Vorsitzender des Tauschvereins.



Max August Schilling (Vorsitzender 1921-1943)


Im Verein gab es einen Neuheitenbezug für die deutschen Sammelgebiete. Verantwortlich war Lebensmittelhändler Hermann Sattler - er hatte drei Geschäfte in der Stadt. Sattler organisierte auch den Rundsendedienst. Die Auswahlhefte stellte in der Regel die Druckerei Abel her. Der Vater unseres Sammlerfreundes Nehls war hier tätig und organisierte den Druck. Neben den Briefmarken aus Deutschland waren auch die aus Skandinavien, Österreich und der Schweiz sehr beliebt. Die Sammler besuchten sich oft untereinander.

Der Tausch war wesentlich intensiver als in der "Traube". Weiter schreibt Herr Nehls: "Die Ehefrauen der Sammler waren zwar "philatelistisch" nicht beteiligt, standen den Aktivitäten ihrer Ehepartner jedoch aufgeschlossen gegenüber. Eine Jugendarbeit, wie wir sie heute kennen, gab es nicht. Allerdings gab es individuelle Kontakte unter den Söhnen der Sammler und deren Schulfreunde. Hier wurde eifrig getauscht.

Gegen Ende des 2. Weltkrieges wurde es ruhiger um den Verein. Zahlreiche Sammlerfreunde wurden Soldat und mussten in den Krieg ziehen. Nach 1945 fanden viele der einstigen Philatelisten aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr nach Greifswald zurück. Der Greifswalder Tauschverein konnte trotz einiger Bemühungen seine Tätigkeit nicht wieder aufnehmen. So kam es erst 1948 wieder zu neuer organisierter Philatelie und Vereinsbildung in der Hansestadt.

©Dieter Grusenick