Philatelisten-Verein Greifswald e.V.





Über die Anfänge der Philatelie in Greifswald




Als am 06. Mai 1840 in Großbritannien im Rahmen der Postreform des Sir Rowland Hill die beiden ersten Briefmarken der Welt mit dem Kopfbild der damals 21-jährigen Queen Victoria frankaturgültig wurden, begann ein einzigartiger Start in die Briefrnarkengeschichte.

In Deutschland war es Bayern, das am 01. November 1849 Briefmarken zur Freimachung von Postsendungen einführte. Es folgten weitere Altdeutsche Staaten wie Baden, Hannover oder Sachsen und Preußen. Wurde das Erscheinen der ersten deutschen Briefmarken eher beiläufig zur Kenntnis genommen, so sollte sich dieses Ausgangs des 19. Jahrhunderts bald ändern. Gab es doch in vielen Ländern rund um den Erdball schon mehr als drei Dutzend verschiedene aufklebbare Briefmarken.

Auch das Interesse am Sammeln der noch sehr einfach gestalteten Marken nahm zu und so ist es nicht verwunderlich, dass sich in einer Stadt wie Greifswald mit seiner weltweit Verbindungen unterhaltenden Universität bereits im Jahr 1908 der Briefmarken-Sammler- und Tauschverein Greifswald i. P. gründete. Am 20.03.1908 war in der "Greifswalder Zeitung" zu lesen, daß am 18. März 1908 die Beratung der Statuten zu Ende geführt wurde und sich eine lebhafte Tauschtätigkeit unter den Philatelisten entwickelte.

Es war vor allem ein aus dem Bürgertum kommender Personenkreis, der sich hier zusammen gefunden hatte. Gesammelt wurden vorrangig deutsche Marken und hier insbesondere die Marken der Kolonien des Kaiserreiches. Zunehmend beliebt waren auch Briefmarken europäischer Länder und solche aus Übersee. Das Sammeln von Briefmarken lohnte sich wohl auch für Händler. Die Antiquitäten- und Buchhandlung von J. Winter in der Lange Straße 71 kaufte bereits 1914 alte Briefmarken sowie ganze Sammlungen auf, was auf das Vorhandensein einer größeren Nachfrage schließen lässt.

Der Verein hatte als Logo eine Freimarke der Britischen Ostafrika-Gesellschaft gewählt. Sie zeigt König Georg V. von England (1865 - 1936) mit Marinemütze.






Erster Vorsitzender des Briefmarken Tauschvereins war der Redakteur der "Greifswalder Zeitung" Gustav A. Bentlage. Vereinslokal war das Hotel "Zum Kronprinzen" in der Lange Straße 76. Bentlage nutzte die Zeitung, um die Sammler über die Herausgabe neuer Briefmarken und deren Frankaturgültigkeit zu informieren.

Einige Jahre später traf man sich zu den Tauschveranstaltungen im Hotel "Nordischer Hof am Fischmarkt. Auffällig ist, dass mit dem Wechsel der Vorsitzenden auch das jeweilige Vereinslokal geändert wurde. In der Zeit gehörte es zum guten Ton, als angesehener Bürger ein Stammlokal zu haben und so traf sich der Vorsitzende mit seinen Vereinsmitgliedern zu den Tauschveranstaltungen in "seinem" Lokal. Als der Schriftsetzer Max Nehls im Jahr 1919 den Verein übernahm, war das Vereinslokal "Otto Berger's Restaurant" in der Fischstraße 30.

Ein an den Verein gerichteter Brief vom 02.03.1921 lässt darauf schließen, dass die Zusammenkünfte nunmehr im "Hotel zur Traube" in der Bismarckstraße 3 ( heute Johann-Sebastian-Bach-Straße ) stattfanden. Vorsitzender des Vereins war damals der Universitäts-Oberpräparator Max Schilling. Das Hotel war für viele Vereine und Verbindungen das Stammlokal. Der damalige Besitzer Hermann Schmökel hatte als l. Vorsitzender des Vereins Greifswalder Gastwirte ein starkes Interesse an der Bindung der Vereine und Verbindungen an die Lokalitäten und Restaurants der Stadt und bot auch den Briefmarkensammlern in seinem Haus eine Möglichkeit zur Ausübung des Hobbys.

Mitte der 20-er Jahre verlieren sich die Spuren des Vereins. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Ohne Zweifel pflegten aber in Greifswald Briefmarkensammler weiterhin ihr Hobby. Hierauf weisen verschiedene lokale Veranstaltungen hin.

Die Gründung des "Dritten Reiches" 1933 und die "Gleichschaltung" des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens ging mit der Abschaffung der Eigenständigkeit bestehender Organisationen einher und brachte auch für die Philatelisten entscheidende Veränderungen. 1941 wurde der Reichsbund der Philatelisten e.V., in dem die Greifswalder Briefmarkensammler vermutlich organisiert waren, der NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" unterstellt.




Erklärung zur Darstellung bitte anklicken



Zum "Tag der Briefmarke" am 12.01.1941 kam in Greifswald ein Sonderstempel zum Einsatz und es fand eine Briefmarkenausstellung in der Turnhalle der Mädchen- Mittelschule in der Knopfstraße 36/37 statt. Das Zweigpostamt Greifswald l hielt den Sonderstempel bereit. Dieses Stempelmotiv wurde in 17 deutschen Städten angeboten. Während des 2. Weltkrieges war die Durchführung einer philatelistischen Sammlertätigkeit bald nicht mehr möglich. Nach Kriegsende war nach Anordnungen der alliierten Siegermächte jede organisierte Vereins- oder Versammlungstätigkeit untersagt. In Greifswald war somit vorerst eine aktive philatelistische Betätigung nicht möglich.


©Wilfried Henke